Liga und Land Rheinland-Pfalz unterzeichnen gemeinsame Sozialcharta
Verbände und Institutionen sind aufgefordert, Anliegen der Charta
mitzutragen
In einer Charta haben die Liga der Spitzenverbände der Freien
Wohlfahrtspflege – unter Beteiligung des Caritasverbandes für die Diözese Limburg e.V. – und die Landesregierung in Rheinland-Pfalz gemeinsame
Grundsätze für ein soziales Rheinland-Pfalz formuliert. Ministerpräsident
Kurt Beck und Dr. Franz Segbers, Liga-Vorsitzender und Referent für Ethik
im Diakonischen Werk in Hessen und Nassau, haben heute im Beisein von
Sozialministerin Malu Dreyer in Mainz die Charta „Soziales Rheinland-Pfalz“
unterzeichnet. Sie bezeichneten dies als einen „Markstein in der
Zusammenarbeit“ und als wichtiges gemeinsames Symbol dafür, dass gerade in
Zeiten des gesellschaftlichen Wandels die Grundprinzipien der Solidarität
und Gerechtigkeit unveränderlich Geltung haben müssen.
Liga-Vorsitzender: Sozialstaat offensiv verteidigen
Segbers betonte bei der Unterzeichnung, dass die Wohlfahrtsverbände in
Rheinland-Pfalz, zu denen Arbeiterwohlfahrt, Caritas, Diakonie, Deutsches
Rotes Kreuz und Deutscher Paritätischer Wohlfahrtsverband gehören,
Mitverantwortung für die Weiterentwicklung des Sozialstaates übernehmen.
Dieser sei gerade dann gefragt, wenn soziale Probleme zunehmen und soziale
Unterschiede größer werden. „Der Sozialstaat ist der Garant für ein Leben
in Würde und Freiheit“ zitierte er aus der Charta.
Der Liga-Vorsitzende sagte weiter: „Wir müssen den Sozialstaat offensiv
verteidigen.“ Basis des demokratischen Sozialstaates sei die Verantwortung
der Menschen füreinander. Der Sozialstaat brauche die Solidarität. Den
Sozialstaat mitzugestalten und sich dabei an Solidarität und Gerechtigkeit
zu orientieren, sei auch Sache der Liga. Segbers forderte Verbände,
Parteien und Organisationen auf, der Initiative beizutreten und die Charta
mit ihrer Unterschrift zu unterstützen. Er setzte sich zugleich für eine
gerechte Steuerpolitik ein. Wirtschaftliche Ertragskraft, größere Vermögen
und Einkommen müssten an der Finanzierung der Gemeinschaftsaufgaben des
Staates beteiligt sein. Die Höhe des Beitrags bemesse sich nach der
Leistungsfähigkeit, der Hilfeanspruch nach dem Bedarf.
Reformen müssen sich an Leitlinien der Solidarität und Gerechtigkeit
orientieren
„Soziale Sicherheit und umfassende Mitbestimmungs- und Beteiligungsrechte
sind ein wesentliches Fundament des demokratischen Sozialstaates“,
unterstrich Ministerpräsident Beck. Der Sozialstaat sorge nicht nur für die
Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger und ein menschenwürdiges Dasein des
Einzelnen, sondern er sei auch eine wesentliche Voraussetzung zur Wahrung
des sozialen Friedens innerhalb der Gesellschaft. „Wer den Sozialstaat als
Hemmnis der wirtschaftlichen Entwicklung darstellt, der lässt letztlich
außer Acht, dass die soziale Sicherheit auch ein wichtiger Faktor für die
Leistungsfähigkeit des Wirtschaftsstandortes und die Grundlage für unsere
demokratische Gesellschaftsordnung ist. Nicht zuletzt deshalb tun wir gut
daran, ihn mit aller Kraft zu bewahren. Ihn bewahren heißt aber auch, immer
wieder die Notwendigkeit zur Reform anzuerkennen “, sagte Beck. „Ein
zukunftsfähiges und modernes Rheinland-Pfalz braucht einen leistungsfähigen
und effizienten Sozialstaat.“
Die Landesregierung und die Liga hatten sich auf ein gemeinsames
sozialpolitisches Grundverständnis festgelegt und bestätigen es mit der
Erklärung gegenseitig. Dies dürfte in der Bundesrepublik Deutschland
einmalig sein. Die Unterzeichner wollen einen Beitrag für eine
gesellschaftspolitische Diskussion leisten, der den Sozialstaat unter den
Gesichtspunkten seiner Bedeutung für die Demokratie, die soziale Sicherheit
und als Wirtschaftsfaktor in den Mittelpunkt stellt.
Die Charta stellt heraus, dass der Sozialstaat elementare soziale
Sicherungssysteme für seine Bürgerinnen und Bürger bereithält, die sie
insbesondere in schwierigen Situationen wie Arbeitslosigkeit, Krankheit
oder Pflegebedürftigkeit vor Existenzbedrohung schützen. Die Unterzeichner
stimmen darin überein, dass sich alle notwendigen Reformen an den
Leitlinien der Solidarität und Gerechtigkeit orientieren müssen. Ausgehend
davon definiert die Erklärung unter den Leitzielen Demokratie, Solidarität
und Zukunftsfähigkeit die Grundsätze einer sozialstaatlichen Erneuerung und
leitet daraus Gestaltungsverantwortlichkeiten in der Arbeitsmarkt-,
Steuer-, Bildungs-, Armuts-, Gesundheits- und Pflegepolitik für das
politische Handeln in Rheinland-Pfalz ab. Wesentliche Grundsätze sind dabei
die Gleichwertigkeit der Lebensbedingungen und die Selbstbestimmung des
Einzelnen.
Die Charta „Soziales Rheinland-Pfalz“ soll als Grundlage für eine breite
Wertediskussion in den nächsten Monaten dienen; weitere Institutionen und
Verbände sind eingeladen, mit ihrer Unterschrift das Anliegen der
Sozialcharta mitzutragen.
Stichwort: Liga der Freien Wohlfahrtspflege in Rheinland-Pfalz
Die Freie Wohlfahrtspflege ist die Gesamtheit aller sozialen Hilfen, die in
organisierter Form auf verbandlicher und freigemeinnütziger Grundlage
geleistet werden. Die Träger der Freien Wohlfahrtspflege sind geprägt durch
unterschiedliche weltanschauliche und religiöse Motive und
Zielvorstellungen. In Rheinland-Pfalz haben sich die fünf auf Landesebene
tätigen Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege zur Liga
zusammengeschlossen: das Diakonische Werk, die Arbeiterwohlfahrt, der
Caritasverband, der Paritätische Wohlfahrtsverband und das Deutsche Rote
Kreuz. In den Einrichtungen der Liga Rheinland-Pfalz sind etwa 100.000
hauptberufliche Mitarbeiter und mindestens ebenso viele Ehrenamtliche
beschäftigt.
Die Charta ist abrufbar unter www.dicv-limburg.de unter Aktuelles