NestFreund: Berater*innen befähigen, den Verlust von Wohnraum zu verhindern
Claire, Astrid, Chen Xi und Faizan (nicht im Bild: Behnam) entwickelten NestFreund in wenigen Monaten
Die angespannte Lage auf dem Wohnungsmarkt ist längst in der Beratung angekommen. Sozialarbeiter:innen berichten, dass immer mehr Menschen ihre Wohnung verlieren - oft nicht, weil sie ihre Miete nicht zahlen wollen, sondern weil Hilfen zu spät greifen. Fehlender sozialer Wohnbau, steigende Mieten bei gleichbleibendem Gehaltsniveau und überlastete Hilfestrukturen wirken zusammen. Hinzu kommt: Jeder Fall ist anders, und offizielle Dokumente sind häufig schwer rechtlich einzuordnen. Präventive Arbeit bleibt unter diesen Bedingungen oft auf der Strecke.
Ein Tool aus der Praxis heraus entwickelt
Vor diesem Hintergrund entstand NestFreund im Rahmen des "Innovationsfonds Caritas im Bistum Limburg", der 2024 dem Thema "Künstliche Intelligenz" gewidmet war. Entwickelt vom Caritasverband für die Diözese Limburg e.V. (DiCV Limburg) gemeinsam mit der Digital Product School (DPS) by UnternehmerTUM, ist NestFreund ein KI-gestütztes Beratungstool, das Sozialarbeiter:innen ihrer täglichen Arbeit entlastet.
Die Entwicklung begann mit der Frage: "Was brauchen Sozialarbeiter*innen wirklich, um Wohnungslosigkeit verhindern zu können?" Über 70 Stunden Nutzer*inneninterviews, Gespräche mit mehr als 22 Sozialarbeiter*innen und acht Betroffenen sowie die Anwendung der Design Thinking Methode halfen dabei, Antworten zu finden. Das interdisziplinäre Team - Astrid Kimnach (Product Managerin), Claire Yu-Jie Wang (Interaction Designerin), Behnam Sepehri (Frontend-Entwickler), Chen Xi (KI-Entwicklerin) und Faizan Qazi (Softwareentwickler) - arbeiteten eng mit den Praxisstellen in Limburg und Westerwald-Rhein-Lahn zusammen.
Wie NestFreund unterstützt
NestFreund wurde so konzipiert, dass es eine intuitive Lösung mit geringer Lernkurve ist und dennoch die zentralen Herausforderungen adressiert:
- Fallakten anlegen und strukturieren: Die Fallakte wird mühelos aufgesetzt und enthält alle relevanten Informationen übersichtlich.
- Rechtliche Einordnung erleichtern: Komplexe Gesetzestexte und bürokratische Anforderungen werden vereinfacht dargestellt, sodass schneller klar ist, welche Rechte bestehen und welche Schritte möglich sind.
- Passende Handlungsempfehlungen: Das Tool bietet Vorschläge, die individuell auf den Fall zugeschnitten sind.
- Gemeinsamer Wissenspool: Durch kontinuierliches Lernen der KI können alle Berater:innen auf aktuelle Informationen zugreifen und ihr Wissen teilen.
Konkrete Wirkung im Alltag
Die Pilotphase hat gezeigt: NestFreund spart pro Fall etwa eine Stunde Arbeitszeit. Auf den Monat gerechnet bedeutet das eine Entlastung von bis zu vier Arbeitstagen pro Berater:in. Auch die Recherchezeit reduziert sich: Wo bisher rund 45 Minuten für die Klärung von Einzelfragen nötig waren, schafft NestFreund dies in wenigen Minuten. Ein weiterer Vorteil: Bisher mussten Profile von Klient:innen bei Umzügen häufig komplett neu angelegt werden, was mindestens 15 Minuten pro Fall kostete. Mit NestFreund gelingt der Profiltransfer in weniger als einer Minute.
"Der beste Weg, Wohnungslosigkeit zu verhindern, ist sie gar nicht erst entstehen zu lassen." Dieses Ziel treibt die Arbeit an NestFreund an. Denn wenn Beratung durch digitale Unterstützung schneller und rechtssicherer wird, steigt die Chance, dass Menschen ihre Wohnung behalten - und damit ein Stück Sicherheit in ihrem Leben bewahren.
Der Innovationsfonds "Künstliche Intelligenz" in den Medien
Proudly present: Die Präsentation von NestFreund im Videoformat (1. Juli 2025)
Vor 80 Teilnehmenden präsentierten die Studierenden der Digital Product School das KI-gestützte Beratertool NestFreund.
Zwischen Wasserfall und Wagnis - Wie Ausprobieren zur Erfolgsformel wurde (22. April 2025)
Im Diözesancaritasverband hat ein mutiger Perspektivwechsel zu echter digitaler Innovation geführt. Julia Kleine berichtet über ihre Lernreise und wie aus Problemen Lösungen entstehen. Von Johanna Kötter - Caritas Digital
Interview "Der Sonntag" (3. März 2024) KI ist ein Innnovationsschub für unsere Dienste
Julia Kleine, verantwortlich für den Innovationsfonds 2024, sprach mit Elisabeth Friedgen, Mitarbeiterin des Sonntags, der Kirchenzeitung des Bistums, über das Kick-off Treffen, warum Künstliche Intelligenz ein echter Innovationsschub für soziale Dienste und Einrichtungen darstellen kann und verrät, wie es nach dem Auftakt weitergeht.
Sozialgespräch-Podcast (29.02.2024) KI, Innovation und Wohlfahrt: Event-Rückblick auf den Innovationsfond Kick-off 2024 in Limburg
Christian Müller hat für seinen Podcast "sozialpr" die Referentinnen und Referenten des Kick-off interviewt.
Pressemitteilung (15.02.2024) Künstliche Intelligenz - Mit Magic Buttons zu großartigen Ideen
Um Magic Buttons und Aha-Erlebnisse beim Kick-off geht es im Presseartikel des DiCV Limburgs.