Interview zu den Corona-Perspektiven der Caritas im Bistum Limburg
Frau Magnus, welche Rolle spielen die Beratungseinrichtungen während der Corona-Pandemie? Was hat sich verändert?
In der Krise wurde nochmals deutlich, dass es verlässliche, niedrigschwellige Angebote braucht - insbesondere, wenn die Behörden ihre Türen geschlossen haben. Gerade die Dienste, die Menschen im Bereich der Existenzsicherung unterstützen, waren beinahe durchgängig erreichbar, was zu einem sehr hohen Beratungsaufkommen führte, das mit den vorhandenen Kapazitäten kaum zu bewältigen war. Die Kolleg*innen in den Schuldnerberatungsstellen mussten sich auf völlig neue Klient*innengruppen einstellen, die plötzlich in finanzielle Schieflagen gerieten.
Wie sieht es denn in den anderen Hilfefeldern aus? Was können Sie aus der Wohnungsnotfallhilfe berichten?
In der Wohnungsnotfallhilfe änderte sich durch die Krise wenig: während die ganze Welt Zuhause bleiben sollte, setzen die Kreise und Kommunen ihre Praxis der vertreibenden Hilfen durch restriktive Regelungen hinsichtlich der Tagessatzauszahlungen und der Anzahl der Übernachtungen in den Notunterkünften einfach fort. Schlimm für die Menschen, die keinen Ort haben, an den sie gehen können: Aufgrund der Hygienevorschriften konnten viele alltagsunterstützende Hilfen der Einrichtungen vor Ort nur eingeschränkt angeboten werden.
Niedrigschwellige Beratung ist wichtig, für Betroffene und für eine gute soziale Sicherung in unserem Land. Welche Bedeutung hat das Thema denn für die politische Debatte und welche Forderungen leiten Sie ab?
In der Pandemie wurde es spürbar: sei es Schuldnerberatung, Allgemeine Sozialberatung oder Migrationsberatung - so unterschiedlich die Zielgruppen auch sind, so wichtig sind diese Angebote für den gesellschaftlichen Zusammenhalt und die Identität eines Sozialstaates. Hier werden benachteiligte Bürgerinnen und Bürger unterstützt, ihre Rechte wahrzunehmen. Besonders in Zeiten von Corona werden die Angebote stark nachgefragt. Dabei ist ihre Finanzierung oft ungewiss.
Meine Kollegin Frau Schlebusch, Referentin für den Bereich Migration, gab mir ein konkretes Beispiel aus dem Bereich der Migrationsberatung, wo die Beratungsdienste durch Projektgelder gefördert werden, die jedes Jahr neu beantragt werden müssen. Dies bedeute einen hohen Verwaltungsaufwand. Sie wünscht sich, dass die Migrationsberatung endlich in eine gesicherte Regelfinanzierung überführt werden solle, um die gesellschaftliche Aufgabe der Integration nachhaltig umsetzen zu können. Corona trage dazu bei, dass bereits erzielte Integrationserfolge in den letzten eineinhalb Jahren zurückgedreht würden.
Für meinen eigenen Bereich sehe ich eine dringende Notwendigkeit, endlich den Anspruch auf Schuldnerberatung für alle Personengruppen bundesgesetzlich zu verankern und damit auch eine verlässliche Finanzierung sicherzustellen. Wir werden das brauchen!
Das Interview führte Stefan Baudach, Referent für Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik im Caritasverband für die Diözese Limburg e.V.