LIMBURG.- Kita digital?! Dahinter setzen die einen ein Fragezeichen, die anderen ein Ausrufezeichen. Ein Ausrufezeichen setzen Professor Robert Lehmann von der Technischen Hochschule Nürnberg und Lena Przibyllavom Bundesverband Katholischer Kindertageseinrichtungen (KTK) beim virtuellen Dialogforum der KTK-Diözesan-Arbeitsgemeinschaft des Caritasverbandes für die Diözese Limburg. Dabei stehe, so die beiden Referenten, nicht der Einsatz digitaler Medien im Vordergrund, sondern eine gute digitale Medienbildung und -erziehung: "Man kann auch ohne Stromanschluss eine gute Medienerziehung in der Kita machen", erklärt Lehmann in dem virtuellen Forum den zugeschalteten Kita-Fachkräften am Montag, 28. September.
Wichtig sei, digitale Medien nicht zu verteufeln. Nur so könnten Fachkräfte mit den Kindern über gute und schlechte Erfahrungen in digitalen Welten im Gespräch bleiben. Denn bei allen Chancen digitaler Medien sieht Lehmann auch eine Gefahr in Phänomenen wie Cyber-Mobbing oder Cyber-Grooming. Hier gelte es Kinder zu begleiten und zu schützen. Gewaltspiele hingegen schätzt Lehmann weniger gefährdend ein. "Gewaltspiele machen Kinder nicht zu Gewalttätern", erklärt er. Diese Angst vieler Eltern habe die Wissenschaft mittlerweile entkräften können, ebenso die Angst vor sozialer Isolation. Viel bedenklicher finde er Spiele, die Glückspielsuchtverhalten fördern. Das sei oft schon bei Spielen für Sechsjährige der Fall, da Glücksspielelemente bisher bei der Altersfreigabe keine Rolle spielten.
Auch für Lena Przibylla gehört Medienbildung und dabei vor allem reflexive Medienarbeit in die Kita. Die Lebenswelt heutiger Kinder sei digital-analog vernetzt. Kinder und so genannte digital natives bewegten sich ganz selbstverständlich in dieser so vernetzten Welt. Das bedeute für die Kita als Ort von Bildung und Erziehung Auftrag und Chance. "Die Fachkräfte sind dabei der Schlüssel für eine gute digitale Medienpädagogik", erklärt Przibylla. "Aber im Mittelpunkt der kindlichen Weltaneignung stehen sinnliche, soziale und emotionale Erfahrungen. Digitale Medien sind kein Ersatz", ergänzt sie. Gleichzeitig betont sie die politische Forderung, einen Digitalpakt auch für Kindertageseinrichtungen zu schließen.
Fragen zur Erziehung besser an Fachkräfte richten
Bedenklich findet Lehmann zudem die Entwicklung, dass sich Eltern im Internet von dubiosen Anbietern oder Laien Erziehungstipps holen: "Menschen googlen anstatt Pädagogen zu fragen". Hier bricht der Professor eine Lanze für ausgebildete Fachkräfte. Ein anderes Problem sei die Nicht-Aufmerksamkeit der Eltern in den ersten Lebensjahren ihrer Kinder durch die eigene Mediennutzung. Hierzu werde bereits geforscht, erklärt er.
Die zuständigen Referentinnen beim Diözesancaritasverband Eva Hannöver-Meurer und Petra Broo sind sehr zufrieden mit der coronabedingt virtuellen Variante. "Das Dialogforum funktioniert auch virtuell sehr gut. Das ist neben allen fachlichen Impulsen eine wichtige Erkenntnis", erklärt Broo. Außerdem verweisen sie auf die Erziehungsberatungen der Caritas. "Hier sind Fachkräfte, genauso wie in der Kita, die Fragen der Eltern beispielsweise zu Mediennutzung, beantworten können", führt Broo aus.
Hintergrund des Forums "Kita digital?!" ist der Diskurs zu einer zeitgemäßen digitalen Bildung in Kindertageseinrichtungen. Fragen nach einem digitalen Transformationsprozess in Kitas sowie deren angemessener technischer Ausstattung spielen dabei genauso hinein wie die digitalen und analogen Lebenswelten von Kindern und Familien. (fl)
Info: KTK
Der KTK-Bundesverband ist ein Fachverband des Deutschen Caritasverbandes. Im Bistum Limburg arbeiten knapp 300 Kindertageseinrichtungen mit ca. 3900 pädagogischen Fachkräften in einer KTK-Diözesan-Arbeitsgemeinschaft sowie in regionalen KTK-Arbeitsgemeinschaften zusammen.