Limburg, 12. Januar 2016. Sie arbeiten schon jahrelang mit viel Herzblut und Engagement als angelernte oder qualifizierte Pflegehelfer in Altenheimen und ambulanten Pflegediensten, bringen eine Unmenge Berufserfahrung und Menschenkenntnis mit – und sie sind Teil eines riesigen „Schatzes“, eines „schlummernden Potenzials“: Insgesamt 26 Mitarbeiter in Altenheimen haben sich jetzt erfolgreich im Projekt „aufwärts! in der Pflege“ der Caritas AKADEMIE St. Vincenz, einer Einrichtung des Diözesancaritasverbandes Limburg, qualifiziert, davon 19 zur staatlich anerkannten Altenpflegekraft und sieben zu staatlich anerkannten Altenpflegehelfern. Bei der Abschlussfeier betonte Diözesancaritasdirektor Dr. Hejo Manderscheid: „Mit unserem aufwärts!-Projekt ist es gelungen, diejenigen Menschen zu erreichen, die bereits in den Einrichtungen gute Arbeit leisten, die aber ansonsten kaum eine Möglichkeit hätten, sich als Fachkraft zu qualifizieren.“ Gerade die Kombination aus dem Lernen am Arbeitsplatz, dem Lernen in der Schule und in regionalen Arbeitsgruppen mache, so Manderscheid, den Erfolg des Konzeptes aus. „Der große Vorteil von aufwärts! ist, dass das theoretisch Gelernte mit Unterstützung von Praxisanleitern der Einrichtungen direkt im täglichen Arbeitsalltag umgesetzt werden kann – und zudem die Auszubildenden weiterhin in ihrem Job bleiben können und ihr Einkommen weiterbeziehen.“ Zugleich profitieren auch die Einrichtungen von dieser Qualifizierung, denn sie behalten ihre guten Mitarbeiter, die bereits die Abläufe, die Menschen und die Tätigkeiten vor Ort kennen.
„Besonders freut es mich, dass wir mit dieser Art der Qualifizierung auch Menschen mit besonderen Biografien eine Perspektive geben können, wie die Beispiele von Muhaned Nissan und Zhor Kühne zeigen, die sich erfolgreich zu Altenpflegefachkräften qualifiziert haben“, so der Diözesancaritasdirektor. Der 33-jährige Muhaned Nissan stammt aus dem Irak, ist verheiratet, hat zwei Kinder und arbeitet bereits seit 13 Jahren im Wiesbadener Caritas-Altenheim Clemenshaus. Als politischer Flüchtling kam er nach Deutschland, sein Bildungsabschluss wurde nicht anerkannt, und trotz zahlreicher Fortbildungen konnte er keine Berufsqualifikation erreichen. Und ein Ausstieg aus seinem Job im Clemenshaus wäre für den Familienvater schon allein aus finanziellen Gründen nicht leistbar gewesen. Und auch Zhor Kühne, die in Marokko geboren wurde, hatte dank „aufwärts!“ die Chance, ihren Abschluss als examinierte Altenpflegerin zu machen. Die 48-Jährige arbeitete schon sechs Jahre als angelernte Helferin, als sie durch den beruflichen Wechsel zum Frankfurter Franziska-Schervier-Seniorenheim die Chance bekam, sich mit dem Projekt zu qualifizieren und so neben der Fachkraftausbildung auch mehr finanzielle Sicherheit zu bekommen. „Diese Beispiele machen Mut, und alle 26 erfolgreichen Absolventen von aufwärts! können stolz sein auf das, was sie erreicht haben“, so Manderscheid. Diese Ergebnisse und die große Nachfrage sind daher auch Anlass für den Diözesancaritasverband, mit einem zweiten Kurs ab Januar 2016 das erfolgreiche Projekt fortzusetzen mit insgesamt 24 Teilnehmern und als Kooperationspartnern den Landkreisen Groß-Gerau, Main-Taunus und Rheingau-Taunus. „Hier können wir sicher von unseren Erfahrungen der letzten drei aufwärts!-Jahre profitieren“, so der Diözesancaritasdirektor.
Nicole Benthin vom Hessischen Ministerium für Soziales und Integration betonte, dass das Projekt einen speziellen, innovativen Zugang schafft zu An- und Ungelernten mit viel Lebens- und Berufserfahrung. Sie dankte daher dem Diözesancaritasverband dafür, dass er dieses Projekt ins Leben gerufen hat – und aufwärts! auch mit einem zweiten Kurs fortsetzt. „Mein Dank gilt nicht nur denjenigen, die das ermöglicht haben, sondern insbesondere Ihnen allen, den erfolgreichen Teilnehmern, die Sie die Chance Ihres Lebens ergriffen haben – Sie haben jetzt nicht nur eine tolle berufliche Perspektive, sondern Sie haben auch etwas erreicht, was Sie sich vielleicht zuvor nicht vorstellen konnten.“ Und weiter: „Ich fände es toll, wenn Sie sozusagen als Experten ihr Wissen und ihre Erfahrungen an die Teilnehmer des zweiten aufwärts!-Kurses weitergeben.“
In den drei Jahren „aufwärts! in der Altenpflege“ stand nicht nur die theoretische Wissensvermittlung auf dem Stundenplan. Gerade auch die Aktivitäten außerhalb der Schule und der Einrichtungen und das gemeinsame Erleben sind, wie die Projekt- und Kursleiterin Ulrike Schneider sagte, wichtiger Bestandteil des Konzepts. So näherten sich die Teilnehmer dem Thema Demenz mit Kunstarbeiten und einer Studienreise ins Demenzdorf „De Hogeweyk“ im niederländischen Weesp, sie erlebten die in den Biografien älterer Menschen wichtige Zeitgeschichte im Bonner Haus der Geschichte, bekamen beim Besuch eines Bestattungsunternehmens Einblicke in das häufig tabuisierte Thema Sterben und Tod oder erfuhren beim Besuch der Limburger Moschee, wie im Islam mit Verstorbenen umgegangen wird – ein wichtiges Thema gerade mit Blick auf Pflegebedürftige mit Migrationshintergrund in den Einrichtungen.
Hintergrund:
„aufwärts! in der Altenpflege“ ist ein Projekt des Caritasverbandes für die Diözese Limburg e. V. an seiner Caritas AKADEMIE St. Vincenz. In drei Jahren werden die oft schon über Jahre in der Einrichtung tätigen Pflege-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter zu wesentlichen Teilen der Ausbildung an ihrem Arbeitsplatz von besonders ausgebildeten Praxisanleitern der Einrichtung zu Altenpflegehelfern qualifiziert, sie erhalten somit ein „Training on the Job“. Ergänzend erhalten sie Unterstützung von einer, über das „aufwärts!“-Projekt angestellten Praxisanleiterin. Die Lerneinheiten sind dabei verbindlich (und im Lehrplan fixiert), sodass beide, die Lernenden und die Einrichtung, den Arbeitsalltag entsprechend organisieren können. Der Vorteil für die Teilnehmer: Sie können das Gelernte direkt in der Praxis anwenden – und erhalten weiterhin für ihre Arbeit ihr Gehalt. Der Vorteil für die Einrichtungen: Sie schulen ihre bewährten Mitarbeiter und sichern sich so ihren qualifizierten Nachwuchs, der dann eine Weiterqualifizierung zum Altenpfleger machen kann. Daneben gibt es auch Theorieunterricht, den die „aufwärts!“-Teilnehmer in regionalen Arbeitsgruppen gemeinsam absolvieren, wobei hier die ganz konkreten praktischen Erfahrungen einen hohen Stellenwert einnehmen. Vervollständigt wird das erforderliche Wissen durch den Unterricht in der Altenpflegeschule Hadamar, der in fünftägigen Blöcken erfolgt.
Unterstützt wurde das erste aufwärts!-Projekt vom Hessischen Sozialministerium mit Mitteln aus dem Europäischen Sozialfonds ebenso wie von den örtlichen Arbeitsagenturen, die mit Mitteln aus dem Programm WeGebAU (Weiterbildung Geringqualifizierter und beschäftigter älterer Arbeitnehmer in Unternehmen) fördern. Die Kosten für die Freistellung der Mitarbeiter trägt die jeweilige Einrichtung.
Die Caritas AKADEMIE St. Vincenz mit ihren beiden Standorten in Hadamar und Wiesbaden und den beiden Altenpflegeschulen ist eine Einrichtung in Trägerschaft des Caritasverbandes für die Diözese Limburg e. V.
[BU] Freuen sich über den erfolgreichen Abschluss des „aufwärts!“-Kurses (von links):
Bernhard Schnabel (Projekt- und Kursleiter), Torsten Gunnemann (Fachbereichsleiter), Nicole Benthin (Hessisches Ministerium für Soziales und Integration), Zhor Kühne (Frankfurt), Muhaned Nissan (Wiesbaden), Nicole Meilinger (Frankfurt), Yvonne Weitershausen-Willhardt (Dauborn), Anna Vomberg (Eltville), Daniela Tatter (Egelsbach), Chris Frenzel (Idstein), Michaela Heukrodt (Kriftel), Zeljka Bluhm-Schmitt (Hochheim), Barbara Marciniak (Idstein), Monika Rudolf (Obertiefenbach), Tatjana Ketter (Weilmünster), Ulrike Schrader (Limburg, hinten verdeckt), Ulrike Schneider (Projekt- und Kursleiterin), Nadine Schuster (Wiesbaden), Silke Richert (Taunusstein), Gabriele Sander (Praxisanleiterin) und Wiltrud Wilfer (Runkel). Es fehlen: Mariann Gal (Frankfurt) und Rene Geist (Frankfurt).
Ansprechpartner:
Ulrike Schneider Projekt- und Kursleiterin ê Telefon: 06431 997-248
ulrike.schneider@caritas-akademie-stvincenz.de
Bernhard Schnabel Projekt- und Kursleiter Telefon: 06431 997-430
bernhard.schnabel@dicv-limburg.de