Limburg, 9. Oktober 2018. Fast 4.000 wohnungslose Menschen haben die Einrichtungen und Dienste der Liga-Verbände in Hessen am Erhebungs-Stichtag im Frühjahr 2018 aufgesucht, unter anderem auch die 27 Angebote der Caritas im Bistum Limburg. Das sind knapp 600 Personen mehr als vor zwei Jahren, wie die Stichtags-Erhebung der Liga der Freien Wohlfahrtspflege ergeben hat. Allerdings ist die tatsächliche Zahl der Wohnungslosen wesentlich höher, da die Daten nur an einem Stichtag erhoben werden, die Teilnahme freiwillig ist und es keine Vollerhebung ist.
„Der erneute Anstieg und die hohe Zahl der Wohnungslosen ist besorgniserregend, vor allem die hohe Zahl von 900 wohnungslosen Frauen“, sagt Diözesancaritasdirektor Jörg Klärner. Gerade bei Frauen ist, wie Klärner erläutert, die Dunkelziffer hoch, da sie überwiegend verdeckt wohnungslos sind. „Insbesondere alleinerziehende Frauen und ältere Frauen sind von Wohnungslosigkeit betroffen, da sie keinen bezahlbaren, adäquaten Wohnraum finden“, so Klärner.
Bei den über 50-Jährigen ist die Zahl der Wohnungslosen auf 1.500 Personen gestiegen, was nahelegt, dass sich in dieser Gruppe Wohnungslosigkeit verfestigt hat. „Wer einmal seine Wohnung verloren hat, hat kaum Chancen, wieder eine Wohnung zu bekommen“, sagt Claudia Weigelt, Fachbereichsleiterin Armut, Soziale Sicherung und Migration im Diözesancaritasverband. Auch hier zeige sich deutlich die Fehlentwicklung auf dem Wohnungsmarkt, bei der fehlende Sozialwohnungen und der Mangel an bezahlbarem, adäquatem Wohnraum sowie steigende Mieten und Verdrängungsmechanismen Menschen in die Wohnungslosigkeit treiben. Wohnungslosigkeit ist eng an die Einkommenssituation gekoppelt, wie Weigelt erläutert. So ist die Zahl der Personen, die Rente oder Arbeitslosengeld beziehen oder ihr Einkommen aufstocken müssen, teilweise sehr deutlich gestiegen – ein weiteres Indiz dafür, dass die Situation am Wohnungsmarkt in vielen hessischen Städten und Gemeinden äußerst angespannt ist.
Beunruhigend ist nach Ansicht des Diözesancaritasdirektors zudem, dass die Zahl der jungen Erwachsenen (bis 28 Jahre) erneut, auf jetzt fast 600 Personen, angestiegen ist. „Diese jungen Menschen benötigen passende Hilfeangebote, um den Übergang zur eigenverantwortlichen Lebensführung meistern zu können“, betont Klärner. Dafür müssten spezialisierte Angebote in Kooperation mit der Jugendhilfe aufgebaut werden.
„Wir brauchen eine konzertierte Aktion auf Landesebene, um wirksam Wohnungslosigkeit überwinden zu können“, sagt Jörg Klärner. „Wir benötigen eine landesweite integrierte Wohnungsnotfallstatistik und eine landesweite Untersuchung dazu, welche Strukturen und Hilfen es für die Betroffenen gibt.“ Überdies brauche es Förderprogramme, die Wohnungsverlust im ländlichen Raum verhindern, die Erschließung von Wohnraum forcieren und mit aufsuchenden Hilfen Menschen „von der Straße in die Wohnung“ bringen. „Wir als Liga erwarten daher von der neuen Landesregierung ein Aktionsprogramm, das, um nachhaltig zu sein, mindestens auf vier Jahre ausgelegt sein muss, und für das 17 Millionen Euro investiert werden müssen“, betont Diözesancaritasdirektor Klärner.
Die „6. Stichtags-Erhebung der Liga der Freien Wohlfahrtspflege zur Wohnungslosigkeit in Hessen“ gibt es zum Download auf www.liga-hessen.de
Ansprechpartnerin: Claudia Weigelt, Fachbereichsleiterin Soziale Sicherung, Armut und Migration, Telefon: 06431 997-173, E-Mail: claudia.weigelt@dicv-limburg.de