Limburg/Frankfurt, 25. Januar 2016. Sie werden am Flughafen Frankfurt abgeschoben und stehen in ihrer Heimat vor dem Nichts, und sie haben nicht einmal Geld, um sich nach ihrer Ankunft zumindest etwas zum Essen zu kaufen und in ihren Heimatort zurückzukommen. Dieses Schicksal trifft derzeit insbesondere viele mittellose Flüchtlinge aus den Westbalkanstaaten, bei denen verstärkt auch Sammelabschiebungen erfolgen.
„Schon seit Jahren fordern wir gemeinsam mit den Kirchen, anderen Wohlfahrtsverbänden und Nichtregierungsorganisationen daher die hessische Landesregierung auf, dem Beispiel anderer Bundesländer zu folgen und per Erlass einheitlich zu regeln, dass allen Abzuschiebenden ein Handgeld ausbezahlt wird – und das so nicht nur vom Ermessensspielraum der jeweiligen zuständigen Ausländerbehörde abhängt“, sagt Dr. Hejo Manderscheid, Direktor des Caritasverbandes für die Diözese Limburg e. V. „Schon allein aus Gründen der Menschlichkeit und Menschenwürde ist das unerlässlich, damit der Not dieser Menschen Rechnung getragen wird“, so Manderscheid. „In unserer gemeinsamen Abschiebungsbeobachtung am Frankfurter Flughafen unterstützen daher unsere Mitarbeiter die Abzuschiebenden aus kirchlichen Spenden mit einem kleinen Betrag“, erläutert Dr. Michael Frase, Leiter des Diakonischen Werkes für Frankfurt am Main des Evangelischen Regionalverbandes.
„Wir nehmen die hessische Landesregierung in die Pflicht, hessenweit per Erlass ein verbindliches Handgeld zu regeln, wie sie es auch im Koalitionsvertrag festgeschrieben hat“, betonen Manderscheid und Frase. Dort heißt es: „Abgeschobene sollen darüber hinaus in begründeten Fällen auch ein Handgeld erhalten, um die ersten Schritte am neuen Aufenthaltsort zu erleichtern.“ Dass eine solche Regelung machbar ist, zeigt ein Blick auf die anderen Bundesländer: Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und das Saarland haben bereits Regelungen erlassen, nach denen bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen ein Handgeld zwischen 50 Euro und 70 Euro an die Abzuschiebenden ausgehändigt werden kann.
Die aktuelle Flüchtlingspolitik zeichnet sich aus durch eine Willkommenskultur für Flüchtlinge aus Krisenregionen wie Syrien und dem Irak. Zugleich sollen jedoch diejenigen, die aus den sogenannten „sicheren Herkunftsländern“ oder über einen anderen Mitgliedsstaat der EU eingereist sind, schnell und konsequent in ihr Heimatland oder in das Land der Erstaufnahme abgeschoben werden. „Caritas und Diakonie sowie katholische und evangelische Kirchen begleiten Flüchtlinge von Anfang an, wenn sie Schutz bei uns suchen – und wenn es nicht anders geht, sind wir auch bei ihrer Abschiebung für sie da“, sagt Frase. Und Manderscheid ergänzt: „Zu einer gelebten Willkommenskultur gehört aus unserer Sicht unerlässlich, dass auch bei solch humanitär sehr schwierigen, rechtsstaatlichen Entscheidungen die Abgeschobenen ihre unveräußerliche Würde behalten. Und das bedeutet für eine Demokratie, dafür Sorge zu tragen, dass diese Menschen nach ihrer Rückführung zumindest die erste Not lindern können und nicht völlig mittellos allein gelassen werden.“
Hintergrund:
Abschiebung findet in einem öffentlich nicht zugänglichen und nicht kontrollierbaren Raum statt. Um hier Transparenz herzustellen, haben der Diözesancaritasverband Limburg und das Diakonische Werk für Frankfurt am Main die im Jahr 2006 gegründete Abschiebungsbeobachtung am Frankfurter Flughafen installiert. Die beiden Abschiebungsbeobachter sind bei ausgewählten Abschiebungen anwesend: Besonders in ihrem Fokus sind dabei Abschiebungen von kranken, traumatisierten oder besonders schutzbedürftigen Menschen. Diese Menschen auf der letzten Etappe bei der Abschiebung zu begleiten, ist für alle beteiligten Akteure nicht immer einfach. Sie versorgen die Abzuschiebenden mit dem Notwendigsten wie Essen und Trinken, haben ein offenes Ohr und unterstützen sie mit dem Handgeld aus kirchlichen Spenden.
Ansprechpartner:
Claudia Weigelt Fachbereichsleiterin Soziale Sicherung und Migration Telefon: 06431 997-173 E-Mail: claudia.weigelt@dicv-limburg.de
Dr. Michael Frase Diakonisches Werk für Frankfurt am Main des Evangelischen Regionalverbandes Telefon: 069-24751495001 ê E-Mail: michael.frase@diakonischeswerk-frankfurt.de